In der Alten Feuerwache wird zum Kunstfest Theater gespielt. Für die letzten Aufführungen habe ich keine Karten mehr bekommen. Gestern sah ich auf der Internetseite noch grün für verfügbare Plätze. Ich nahm Tickets für den gleichen Abend der Kategorie e – 2 Plätze nebeneinander „für Personen die im selben oder befreundeten Haushalt leben“. Die zweite Person aus dem befreundeten Haushalt hat auch spontan zugesagt. Was wird gespielt? Egal, Hauptsache Theater.

Es war noch ein lauer Sommerabend und unser Schirm konnte geschlossen bleiben. Der Ton kam über die Kopfhörer. Die Schauspielerin hat in mehrere kleine Kameras geschaut und das Bild riesengroß an die Brandwand projiziert.

Die Handlung: Jona sitzt in ihrer fensterlosen Kabine vor ihrem Frühstücksei. Zehn Tage Rundreise Karibik. Ihre Geschwister haben ihr diese Kreuzfahrt geschenkt. Sie ist mit 32 Kondomen im Gepäck an Bord gegangen. Die Reise ist eigentlich vorbei und sie sitzt immer noch hier. Der erste Passagier ist an einem seltsamen Virus gestorben. Seitdem steht das Schiff unter Quarantäne, darf nirgendwo anlegen und treibt auf dem Meer wie ein schwimmendes Tschernobyl. Längst ist Jona Teil eines Luxusgefängnisses. Am Tag hat sie 30 Minuten Ausgang (oder Auslauf?) auf Deck.

Ich muss an die Zeit denken, als Sabine uns von ihrem Mann berichtet hat, der im März noch seit Monaten auf Weltreise auf einem Kreuzfahrtschiff war, aber nirgendwo anlegen durfte und wir fieberten mit. Das gleiche Drama. Mich interessiert, ob die Autorin Theresia Walser tatsächlich auf einem Kreuzfahrtschiff war. Sie hat fast die gleichen Gedanken gehabt, wie wir in unserem Chat. Als „eine der erfolgreichsten Dramatikerinnen ihrer Generation“ hat sie natürlich die Spannung stark überhöht. Wir haben die 75 Minuten mit Jona mitgefiebert und über den Galgenhumor gelacht.
Zwischendurch habe ich auch mal den Kopfhörer abgenommen. Die Schauspielerin war dann ganz leise zu hören und ich konnte mich mit meinem Sitznachbarn leise unterhalten. Andere Pärchen haben das auch gemacht, es hört ja niemand sonst mit Kopfhörer. Als ich den Kopfhörer wieder auf den Ohren hatte, musste ich mal niesen, das hat bestimmt niemand gehört. Habe mir dabei keinen Zwang angetan, wie sonst im Theater. Die Schauspielerin sagte „Gesundheit“, das war mir dann doch etwas peinlich.

Falls sich jemand fragt, ob ich während der Vorstellung fotografiert habe: Nein, ich habe die Bilder im Netz geklaut.
Ach es war so toll! Judith Rosmair ist so schön und spielt so lebendig. Die Videos von ihrem Lebensgefährten dem Video- und Installationskünstler Theo Eshetu erzeugten das Gefühl von Weite und Einsamkeit im Meer. Der Text von Theresia Walser sehr witzig. Ich gehe heute gleich mal in die Bibliothek leihe mir ein Buch von ihr aus…